Anglikanisches Chorsingen - deutsch


Das neue evangelische Gesangbuch von 1994 bietet ei­ne relativ einheitliche Auswahl an Psalmen, die für den praktischen Gebrauch meist gekürzt wurden. Die Introi-tus- bzw. Wochenpsalmen sind weitgehend enthalten. Für jeden Sonntag im Kirchenjahr steht jedenfalls ein Psalm zur Verfügung, der im Wechsel gesprochen wer­den kann. Außerdem enthält das EG weitere bekannte aber nicht sonntagsgebundene Psalmen. Dieses gute Drittel aller 150 Psalmen liegt hier als Vertonung aus der anglikanischen Chortradition vor.

In den Klöstern wurden seit dem Hl. Benedikt die Psal­men in den sieben Stundengebeten gesungen - in einer Woche alle 150 Psalmen. Im Zuge der Reformation wur­den die Klöster in England aufgelöst, aber in den Kathedralen wurde der Psalmengesang weiter gepflegt. Von den 7 Stundengebeten sind heute noch Morning Prayer (Matins) und Evening Prayer (Evensong) erhalten, wobei dem Evensong eine besondere Bedeutung zu­kommt. Die Psalmen werden nun auf einen Monat ver­teilt.

So kann man auch heute in jeder englischen Kathedrale am frühen Abend den aus Lesungen, Psalmen, Hymns und Anthems (Motetten) bestehenden Evensong hören. Eine Besonderheit des englischen Psalmsingens besteht darin, dass der Chor von der Orgel begleitet wird. Wäh­rend in der übrigen europäischen Westkirche die von der Gregorianik abstammende Psalmodie einstimmig (und vom Ursprung her unbegleitet) ist, entwickelte sich in England seit der Reformation allmählich die Tradition des mehrstimmigen Psalmengesangs (Anglican Chant), der im 18. und besonders im 19. Jahrhundert eine Blüte­zeit erlebte**.

Zu allen anglikanischen Kathedralen gehört eine Schule, in der die Kirchenmusik besonders gefördert wird. So hat das Psalmsingen in den Kathedralen eine Jahrhun­derte lange Tradition, wobei die Knabenchöre durch Männerstimmen ergänzt werden. Wie in den Klöstern sitzen auch in den Kathedralen die Chorsänger im Chorgestühl sich gegenüber und singen versweise im Wechsel. So reizvoll die antiphonale Singweise mit zwei Chorgruppen auch sein mag, kann bei kleineren Beset­zungen gut auch nur ein Gesamtchor den Psalm allein singen. Dies ist auch angesichts der gekürzten Form der Psalmen im EG, auf das sich dieses Chorbuch stützt, angemessen.

Der Chorleiter sollte darauf achten, dass die meditative Pause in der Psalmmitte ("Mediatio") eingehalten wird, jedoch der Anschluss von Vers zu Vers zügig genommen wird. Die Orgelbegleitung sollte grundstimmig sein, beim Gloria Patri ist ein Forteklang (oder volles, aber nicht ganz geöffnetes Schwellwerk) erwünscht. Singt ein Chor unbegleitet, muss - bei guter Aussprache -umso mehr auf viel Klanglichkeit ("Klangteppich") Wert gelegt werden.

Englisches Psalmsingen hatädurch die sich stets wieder­holenden Akkordfolgen etwas sehr Meditatives an sich und bleibt doch aufgrund der nie gleich langen Silben­zahl stets abwechslungsreich. Dabei orientiert sich auch hier die Singweise am lebendigen Sprachrhythmus, was den Eindruck einer schwebenden Balance hervorruft.

Aus den verschiedenen Psalmgesangbüchern habe ich "The Anglican Chant Book" (Novello 1956, renewed 1984) zugrunde gelegt, das selbst eine Zusammenstel­lung verschiedener Psalmbücher darstellt. Für diese Aus­gabe stehen Noten und Text nicht getrennt. Vielmehr ist der Psalmtext komplett in das Notensystem eingefügt. Damit wird auch Laienchören ein leichterer Zugang für das Psalmensingen geschaffen.

Bei uns in Deutschland haben die Psalmen in der evan­gelischen Kirche ihren Hauptsitz in Form des Introitus-bzw. Wochenpsalmen. Mit Hilfe dieses Buches kann nun jeder Sonntag ein Psalm vierstimmig vom Chor gesun­gen werden, bei einfacheren wie Psalm 23 auch einmal mit Verstärkung der ganzen Gemeinde. Es sollte mög­lichst für die Gemeinde zum besseren Mitlesen und Mit­beten der vom Chor vorgetragene Psalm auf den Liedta­feln mit angeschlagen werden.

Ziel dieses Buches ist, die herzerwärmende und noble Klangsprache Englands für das deutsche Psalmsingen zu gewinnen - und dies in der durch nichts zu ersetzen­den poetischen Sprache Martin Luthers. So soll dies mehrstimmige Psalmodieren dazu beitragen, den Psal­ter, als den reichsten Gebetsschatz der Bibel, neu zu meditieren.

Stefan Metzger-Frey Kantor an St. Nicolai, Lüneburg



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