Beschreibung
Am 9. Juni 2010 jĂ€hrt sich der Geburtstag Otto Nicolais zum 200sten Mal, ein schöner Anlass, ein weitÂgehend unbekanntes geistliches Werk dieses Komponisten zu veröffentlichen.
Nicolai wurde vor allem durch sein Opernschaffen bekannt, speziell durch sein Meisterwerk âDie lustigen Weiber von Windsor“. Ausgangspunkt seiner musikalischen Laufbahn war zunĂ€chst aber die geistliche Musik: 1827 wurde er in Berlin SchĂŒler von C. F. Zelter, der auch Mentor des jungen Mendelssohn war. 1828/30 setzte er am dortigen kgl. Institut fĂŒr Kirchenmusik seine Ausbildung fort. 1833 ĂŒbernahm er die Organistenstelle an der PreuĂischen Gesandtschaftskapelle in Rom.
Dort studierte er mit Eifer die Werke der altitalienischen Vokalpolyphonie, vor allem diejenigen Palestrinas. Diese schĂ€tze er fĂŒr so bedeutend ein, dass sie fĂŒr ihn der einzige Grund waren, âweshalb ein deutscher Musiker nach Italien reisen muĂ„. Es entstanden eine Reihe von kirchenmusikalischen Kompositionen, die von diesen Kontrapunktstudien Zeugnis geben.
Die Kirchliche Festouverture ĂŒber den Choral âEin feste Burg ist unser Gott“ op.31 fĂŒr groĂes Orchester, Chor und Orgel entstand aus einer im Sommer 1836 ausgearbeiteten kontrapunktischen StuÂdie fĂŒr Klavier zu vier HĂ€nden. Nicolai hatte zu der Zeit gerade seine Organistenstelle in Rom aufgegeben und versuchte im italienischen Opernbetrieb FuĂ zu fassen. 1843/44 revidierte und instrumentierte er, mittlerweile erfolgreicher erster Kapellmeister am Wiener KĂ€rntnertor-Theater, die bis dahin unaufgefĂŒhrte Komposition. Anlass dafĂŒr war das 300jĂ€hrige GrĂŒndungsjubilĂ€um der UniversitĂ€t seiner Heimatstadt Königsberg, zu dessen Feierlichkeiten er eingeladen wurde und in deren Rahmen das Werk am 28. August 1844 uraufgefĂŒhrt wurde. Ein Jahr spĂ€ter erschien die Festouverture im Druck. Es war immerhin Franz Liszt, der dieses monumentale Werk fĂŒr bedeutsam genug hielt, um eine OrgeltranskripÂtion davon anzufertigen. Diese liegt der hier vorliegenden freien Bearbeitung weitgehend zugrunde.
Die OuvertĂŒre ist im Kern eine groĂe Fuge mit drei DurchfĂŒhrungen, in deren Verlauf das Hinzutreten weiterer Motive und schlieĂlich des Chorals eine immer gröĂer werdende polyphone und musikalische Dichte entstehen lassen. Eine knappe Coda in barockisierendem Gestus beschlieĂt das Werk.
Bei der AusfĂŒhrung ist darauf zu achten, dass immer eine ausgeglichene Balance zwischen Chor und Instrumenten gewĂ€hrleistet ist. Im Orgelpart sind deshalb VorschlĂ€ge fĂŒr eventuelle Manualwechsel einÂgetragen. Die BlechblĂ€ser mĂŒssten gegebenenfalls manche krĂ€ftigen Stellen mit RĂŒcksichtnahme auf den Chor im Mezzoforte spielen. Am wirkungsvollsten ist das Werk mit einem groĂen Chor in seiner ganzen dynamischen Breite.
Man kann diese Transkription auch rein instrumental auffĂŒhren werden, da durch das Weglassen des Chores nur etwas von der klanglichen Abwechslung nicht aber von der kompositorischen Substanz verÂloren geht.
Möge die Neufassung dieses Werkes eine Bereicherung des festlichen Repertoires von BlĂ€serchören und Kantoreien fĂŒr Konzert und Gottesdienst sein.